Akupunktur - Was ist das?
In der Akupunktur als Teil der traditionellen chinesischen Medizin begegnet uns eines der faszinierendsten Heilkundesysteme, das menschlicher Erfindungsgeist außerhalb unserer eigenen Medizintradition hervorgebracht hat, und es ist jene Sparte der sanften Heilkunde, mit der sich Verfechter der Schulmedizin noch am ehesten anfreunden können. Das Wort Akupunktur wurde erstmals von dem holländischen Arzt und Chinareisenden Willem ten Rhyne verwendet, der 1683 diese traditionelle chinesische Heilbehandlung als erster europäischer Arzt beschrieb. Die Wortbildung entlehnte er aus dem Lateinischen acus = Nadel und pungere = stechen.
Die erste schriftliche Erwähnung der Akupunktur datiert aus dem 2. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. In den „Aufzeichnungen der Historiker" von Sima Qian ist erstmals von Steinnadeln die Rede. Inzwischen zeigen neuere Grabfunde, daß derartige therapeutische Instrumente möglicherweise bereits vor 4.000 bis 6.000 Jahren Anwendung fanden. Neben Steinnadeln bediente man sich in früheren Zeiten auch der Bambussplitter.
Die traditionelle Akupunktur ist ein umfassendes System von Befragung, Untersuchung, Diagnose und Behandlung. Sie ist eine Heilkunst und Wissenschaft, die uns lehrt, wie der ganze Mensch als eine Einheit (Körpergeistseele) zu verstehen ist, wie man das Zustandekommen von Gesundheit und Krankheit erkennt und wie man im Einzelfall die Wiederherstellung der verloren gegangenen Gesundheit in Angriff nimmt.
Der wesentliche Unterschied zwischen der westlichen Medizin und der östlichen Heilkunde besteht in dem grundlegenden Konzept der Chinesen von der Lebensenergie Qi, die harmonisch und ausgeglichen in uns fließt. Diese Harmonie, diese Ausgeglichenheit ist Gesundheit. Wenn die Lebensenergie nicht in der richtigen Weise fließt, entstehen Disharmonien und Unausgeglichenheit. Das ist Krankheit.
Ca. zwei Drittel aller Bundesbürger fühlen sich nicht gesund. Sie klagen über unklare Beschwerden wie Unwohlsein, Reizbarkeit, Schlafstörungen, Erschöpfungszustände, Schwindel usw. Aber nur bei einem kleinen Teil dieser Patienten kann ein meßbarer Befund erhoben, d.h. im westlichen Sinne eine klare Diagnose gestellt werden. Was geschieht also mit den Patienten, die glaubwürdig klagen, aber nicht richtig krank sind, die "nur Befindlichkeitsstörungen" zeigen?
Im Oktober 97 belegte die Zwischenauswertung einer an der Universität Freiburg laufenden Studie, initiiert von den Innungskrankenkassen, daß Akupunktur besonders bei chronischen Kopfschmerzen, Migräne und Rückenschmerzen effektiv ist. Es wurden Patienten behandelt, die durchschnittlich bereits acht Jahre lang von verschiedenen Ärzten mit schulmedizinischen Methoden therapiert worden waren.
Der Studie zufolge gaben nach Abschluß der Behandlung 84,1 % der insgesamt 1424 Akupunkturpatienten an, daß die Schmerzen entweder verschwunden seien oder sich gebessert hätten. Nebenwirkungen traten nicht auf, auch die Kosten waren ca. 30% geringer als unter einer schulmedizinischen Behandlung.
Auf dem 1. Internationalen Symposium für Akupunktur in der Gynäkologie und Geburtshilfe im Oktober 97 in Mannheim wurde ebenfalls auf die guten Erfolge einer Akupunkturbehandlung in diesem Fachgebiet hingewiesen, dazu zählen u.a. Menstruationsbeschwerden, Zyklusstörungen, Wechseljahresbeschwerden, Geburtserleichterung, fehlender Milcheinschuß nach Entbindung etc.
Insgesamt sollten Vorbehalte vor allem der Ärzteschaft und der Krankenkassen gegenüber der Akupunktur abgebaut werden. Schulmedizin und alternative Behandlungsmethoden sind keine Gegensätze. Es gilt, die Stärken beider Modelle zu nutzen.
Der Artikel erschien 1997 im Gesundheitsjournal der Linden - Apotheke in Nordhorn.